Umzug ins Winterquartier
Wenn wir schon den Eindruck erwecken, es dem fahrenden Volk gleichzutun, so ist es nur konsequent in ein geeignetes Winterquartier zu wechseln.
Die letzten Wochen waren eine Herausforderung. Eine der wir uns anfangs noch stellten. Verbunden mit Ehrgeiz und Neugier, wollten wir diesen Wikinger-Nachkommen in nichts nachstehen.
Fest überzeugt, uns zu echten Naturburschen und – burschinnen wandeln zu können. Den Herbst mit offenen – und schulterfreien – Armen begrüßen zu wollen. Den Staub des Sommers mit dem allgegenwärtigen Niesel von uns zu waschen. Statt mit gewebter Baumwolle würden wir uns mit gefärbten Laub zudecken. Statt heiße Suppe zu schlürfen würden wir uns in die Naturgewalten verbeißen. Kurz: wir wären abgehärtet und würden eins werden mit dieser rauen und so ursprünglichen Natur.
Tatsächlich sah es dann doch etwas anders aus. Was ich zuvor nie glauben wollte, nämlich dass ein Haus gar nicht „zu groß“ sein kann, ist hiermit widerlegt. Gerade wenn es nicht eben viele, sondern eher große Räume sind, gibt es ein spürbares Wärmeproblem.
Unser üppig großes Wohnzimmer wurde zwar selten genutzt, allerdings war es ein Durchgangszimmer (mit drei Außenwänden) verbunden mit einer offenen Treppe in die obere Etage, was unweigerlich zu einem Schlot-Effekt führen musste. Da hilft es leider auch nicht, wenn dieses große Zimmer über den einzigen Kamin verfügt. Das Kaminholz verpuffte regelrecht, ohne dass es die Räume nachhaltig erwärmt hätte.
Auch das elektrische Heizen konnte nur gelegentlich Abhilfe schaffen. Umso mehr schätzten wir die Herbstsonne, wenn sie über Mittag die Räume zusätzlich aufheizte und damit kurzzeitig einen signifikanten Unterschied zur Außentemperatur schuf. Bei allen wagemutigen Vorsätzen, mussten wir uns letztlich eingestehen, dass unsere Vorsätze der körperlichen Widerstandskraft wohl noch sehr weit voraus waren.
Unsere bis dato positive Ausstrahlung war wohl eine Fehldeutung des rhythmischen Bibberns. Der gefühlten Kälte versicherten wir uns gegenseitig in der einzig akzeptierten Skalierung, in Form von Primaten. Und Fleece-Decken in allen (Trage-) Varianten mussten als must-have dieser Wochen herhalten. Wir wärmten uns an allen hitzeversprechenden Möglichkeiten, egal ob am katzengefütterten Fell, frischen Toast oder dem finalen Dampfausstoß der Spülmaschine.
Eine Lösung muss her
So schön das Sommerhaus des Sommers also auch war, so schwierig war die Situation, als die kühle Jahreszeit anbrach. Abhilfe mittels Heizens, war immer nur ein flüchtiges und teures Intermezzo, weshalb eine Alternative her musste.
Viel geschieht hier über Mundpropaganda. Aber auch die üblichen Wege über Kleinanzeigen ließen wir nicht unversucht. Tatsächlich gab es kaum Rückmeldung, da auch unsere Ansprüche offenbar nicht leicht zu erfüllen waren. Immerhin benötigen wir eine möblierte Unterkunft und haben auch noch die Katze als weiteren Bewohner dabei. Lange Zeit lag uns nur ein einziges Angebot für ein komplettes, aber weitestgehend leerstehendes Haus vor. Der Besitzer wollte es verkaufen. Da hier allerdings ein Hausverkauf schon mal länger dauern kann, bot er es uns zur Miete an, bis er einen Käufer gefunden hätte.
Kurz vor dem angestrebten Hauswechsel erhielten wir noch ein weiteres Angebot. Ein deutsches Rentnerpaar hatte sich vor ein zwei Jahren auf der Insel niedergelassen und bewirtschaftet seitdem einen eigenen Hof und vermietet auch Ferienwohnungen. Und so machten wir uns auf den Weg zur Besichtigung. Unsere zukünftigen Vermieter führten uns herum und zeigten uns das Gelände, auf dem sich außer den paar Menschen, noch eine ganze Menge Tiere herumtrieben. Zu unseren neuen Mitbewohnern würden also noch Ponys, Alpakas, Hühner, Enten, Gänse und ein Hund gehören.
Unsere Unterkunft sollte eine der Ferienwohnungen werden. Weitere sollen noch in den nächsten Monaten entstehen. Die Wohnung teilt sich in eine kleine Durchgangsküche mit Essecke, ein Duschbad, drei Schlafzimmer und ein Wohnzimmer. Nicht besonders groß, aber ausreichend. Das so eine kleine, gedämmte Wohnung aber viel schneller und länger warm sein würde, wurde uns gleich beim ersten Betreten klar.
Erneuter Umzug
Preislich würde das neue Heim ähnlich liegen wie das Haus und die Lage wäre akzeptabel – auch wenn der Weg zur Schule nun etwas weiter ist. Und statt für uns allein zu sein, sollten wir zukünftig direkte Nachbarn haben. Doch die Aussicht darauf, sich nicht mehr unter der Bettdecke umziehen zu müssen, war ausschlaggebend hier zuzugreifen.
So sagten wir zu und freuten uns auf ein gemütliches Heim um dort den Winter zu verbringen. Während die Kinder ihren Verpflichtungen in Kita und Schule nachgingen, packten wir die Sachen und führten wieder einen gestückelten Umzug durch. Das alte Haus wurde noch einmal umgekrempelt und komplett gereinigt, Behördengänge erledigt und was sonst noch so anfällt.
Eine kleine Wohnung waren wir bereits aus Berlin gewohnt, so dass die Umstellung gar nicht so schwer fiel. Wir genießen es, dass die Wohnung auf Knopfdruck warm wird und das der Internet größtenteils stabil funktioniert. Hin und wieder gibt es ein paar frische Eier vom Federvieh nebenan oder Ponys und Alpakas lassen sich bei einer Stallrunde füttern und die Mähne kraulen.
Echte hygge spürt man doch erst, wenn sich durch das Hitzeflimmern der Heizung ein Blick durch das Fenster zur nasskalten Außenwelt erhaschen lässt. Soll der Winter doch kommen!