Vier Jahreszeiten und ein Renovierungsfall

Vier Jahreszeiten und ein Renovierungsfall

3. September 2020 2 Von Holm Bourne

Jetzt ist es doch tatsächlich schon ein Jahr her, dass wir auf Bornholm angekommen sind und uns hier niedergelassen haben. In dieser Zeit ist eine Menge passiert und das weit über unsere Familie hinaus.

Vor einem guten Jahr um die gleiche Zeit etwa, spuckte die Fähre in Rönne einen vollbeladenen Kombi, vier wagemutige Personen und eine genervte Katze aus. Keiner von denen wusste vermutlich so richtig, worauf man sich eingelassen hatte. Doch zumindest die Älteren hatten eine recht grobe Vorstellung davon, was es einmal werden soll und vor allem, was es alles nicht mehr sein soll.

Seit diesem Ereignis hat sich eine Menge getan. Es haben sich einige neue, dänische wie deutsche Bekanntschaften ergeben. Wir lernen ein anderes Land sehr intensiv kennen. Vor allem seine Sprache. Mal abgesehen von unseren Kindern, die angeblich akzentfrei und vor allem ungehemmt dänisch sprechen, sind wir in der Lage verbale Schlüsselreize aufzunehmen, adäquate Antworten zu stammeln und schlimmstenfalls mit zumindest souveräner Mimik zu punkten. Immerhin können wir im rein schriftlichen Bereich erkennen, woran es lag, dass die Google-Übersetzung mal keinen Sinn ergibt. Leider bleibt da noch die „groteske“ Aussprache.

Schwierig wie erwartet

Wir haben viele touristische und auch weniger bekannte Ecken der Insel kennengelernt, die uns auch für diesen Blog immer neue Anregungen liefern. Es bleibt offen, wie viele reguläre Bornholm-Urlaube nötig gewesen wären, um all dies zu entdecken. Den Blick in die skandinavische Seele und das dänische Gemüt gab es gratis dazu.

Wir haben einen lockdown erlebt, der als solcher kaum zu erkennen war. Lediglich eine Fortsetzung des nasskalten Spätwinters.
Im Rückblick auf welt-/politische Ereignisse, erscheint uns der Aufenthalt hier noch mal in einem anderen Licht. Kamen wir ursprünglich her, weil wir die Veränderung suchten, ergab es sich, dass sich die Welt veränderte und Bornholm fast so blieb, wie es war. Neben all der Entschleunigung, war es fast wie eine Reise zurück in der Zeit. Überall wo wir persönlich aber auch gesellschaftlich in der Vergangenheit falsch abgebogen sind, haben wir noch einmal neu, den richtigen (?) Kurs genommen.

Wir haben verschiedene Unterbringungen in verschiedenen Gegenden erlebt. Letztlich sind wir in einem gelandet, für das wir selbst Verantwortung tragen. Doch im Prinzip auch nur ein gigantisches Ferienhaus – auf Lebenszeit – mit einer unfassbar hohen Kautionszahlung. Hier leben wir nun und gehen davon aus, dass es eine Weile so bleiben wird. Es gibt auf Jahre hinaus genug zu tun hier, wobei nur das bisher Offensichtliche berücksichtigt ist.

Gekommen um zu bleiben

Wir haben ein Heim gefunden, dass nun auch endlich ein Ziel auch für Freunde und Familie aus der alten Heimat sein kann. Es war schön zu erleben, dass von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht wurde. Nach der unfreiwillig langen Zeit war es schön, endlich auch Eltern, Großeltern und Geschwister hier zu begrüßen und ihnen „unsere“ Insel zu zeigen.

Dass deren Augenbrauen im Verlauf der ersten Besichtigung unseres Hauses immer weiter nach oben rutschten, müssen wir ignorieren. Viel Platz bedeutet ja auch, dass es viele potenzielle Baustellen gibt. Das wird uns jeden Tag deutlicher. Also machen wir jetzt unser Diplom in Altbau-Sanierung an der Youtube-Universität und setzen das neue Wissen unmittelbar um.

Ob das eine echte Perspektive sein wird, ist schwer zu sagen. Es fehlt uns die Aussicht auf ein sicheres Einkommen, was uns viele Sorgen nehmen würde. Mit irgendetwas müssen wir bald einmal erfolgreich sein. Ideen gibt es so viele wie Barrieren, diese auch zu realisieren. Während der ersten Einführungsveranstaltungen für Zugezogene hieß es vollmundig:
Bornholm braucht Euch!
Unsere Antwort: „Bornholm, hier sind wir!“ ist scheinbar verhallt.

Bis die Insel erwacht, erfreuen wir uns eben an unserem Haus und den Herausforderungen, die es mit sich bringt. Es hat etwas äußerst Beruhigendes, von hier den Blick über konstantes Grün oder Blau schweifen zu lassen. Zwischendrin fasziniert die Natur und ich kann mich – wie vor Jahrzehnten schon mit kindlicher Begeisterung – nicht satt sehen, an Hasen, Fasanen, Regenwürmern, Schmetterlingen oder jetzt sogar unseren Hühnern.

Die brüten was aus – wir auch!