Infotainment Bornholm

Infotainment Bornholm

14. Dezember 2020 1 Von Holm Bourne

Je weiter weg man sich von Bornholm befindet, desto schwieriger wird es darüber informiert zu sein. Podcast, Radio und Online-Zeitung machen es möglich.

So dachten wir zumindest, als wir selbst noch keine Bornholmer waren. Welche deutschsprachige Suchmaschine findet schon neueste Infos über eine Insel, über die vorzugsweise auf dänisch publiziert wird. Jede Suche mit diesem einen Schlagwort „Bornholm“, fördert Angebote für Ferienwohnungen zutage. Das ist ja nicht das Schlechteste, aber manchmal steht einem doch der Sinn nach etwas Hintergründigem. Oder Aktuellem.

Ordentlich verklickert

Es gibt sie dann auch tatsächlich. Eine einheimische Tageszeitung, nämlich die Bornholms Tidende. Die ungewohnte Aussprache des Namens macht es schwer eine Verbindung zu ebendieser Zeitung herzustellen.

Für uns ist es quasi die erste Quelle, um im schnellen Abriss zu erfahren, welche Themen gerade „in“ sind. Die automatische Übersetzungsfunktion des Browsers macht es möglich, auch ohne weitreichende Sprachkenntnisse diesen Überblick zu ergattern. Da die meisten Artikel seit einiger Zeit nur gegen Bezahlung gelesen werden können, muss man sich dann aus Überschrift und Bildunterschrift zusammen reimen, um was es eigentlich geht.

Zumindest die Online-Ausgabe betreibt dabei eine bewundernswerte Nabelschau in deren Kosmos die Welt tatsächlich an den Ufern der Insel zu enden scheint. Die große Weltpolitik oder Dramen internationalen Ausmasses sind de facto nicht existent. Zumindest solange sie nicht auf Bornholm stattfinden. Wenn am Vorabend ein orangenes Moped auf einem Waldweg geklaut wurde, ist das im Zweifel stets die größere Schlagzeile.

Noch etwas knapper geht es bei Bornholm.nu zu – dort sind die Nachrichten ziemlich kurz gehalten. Hier erfährt man dann eher, wer gestorben ist, ein rundes Jubiläum begeht oder auch wie viele Autofahrer bei der jüngsten Blitzeraktion erwischt wurden.

Geht es dann um echte Nachrichten, die tatsächlich einen etwas weiteren Horizont berücksichtigen und trotzdem Bezug auf das Leben in Dänemark nehmen, klicken wir zum Nord-Schleswiger. Die Zeitung der deutschen Minderheit nördlich von Flensburg, erscheint online und auch auf deutsch. Damit erspart man sich die teils possierlichen Automatik-Übersetzungen von Google und ist relativ gut informiert.

Die Region fern sehen

Würden wir noch klassisches Fernsehen nutzen, gäbe es auf Bornholm auch eine regionale Fernsehstation. TV2 hat auch eine Webseite, auf der man gelegentlich mal nachlesen könnte. Meinem Eindruck nach, ist das aber auch nur eine etwas unruhige, multimediale Nachlese der gleichen News, die es schon an den zuvor genannten Stellen gibt. Viele der Artikel beziehen sich auf einen Fernsehbeitrag, dem wir jetzt vielleicht schon besser, aber eben nicht perfekt folgen könnten.

Inselradio

Ähnlich verhält es sich mit dem Radio. Die geographische Lage macht es möglich, schwedisches, polnisches und an einigen Stellen auch deutsches Programm (vom NDR) zu empfangen. Damit meine ich natürlich auf UKW, neudeutsch FM.

Die empfangbaren, dänischen privaten Radiosender erscheinen leider genauso beliebig und austauschbar wie in Deutschland. Allerdings soll es ja um dänisches Programm gehen und da gibt es auch einen regionalen, öffentlich-rechtlichen Sender: P4 ist der Regionalsender Dänemarks, der ein eigenes Programm für Bornholm produziert. Wenn mein Dänisch so gut wäre, wie es sein sollte, dann könnte mir der Sender wahrscheinlich gut gefallen. Nicht unbedingt wegen der immer gleichen dänischen (im Sommer auch öfter mal deutschen) Lieder die dort gespielt werden. Denn über längere Strecken gibt es auch mal gar keine Musik, sondern Interviews oder andere Beiträge, die sich unheimlich interessant anhören. Allerdings wäre ich zutiefst enttäuscht, wenn sich herausstellen sollte, dass es sich lediglich um einen umfassenden Wetterbericht handelte.

Podcast

Den Wetterbericht hört man dafür an anderer Stelle und sogar auf deutsch. Seit ungefähr einem Jahr gibt es einen regelmäßigen deutschen Podcast von und über Bornholm.
Radio37 veröffentlicht jeden Sonntag morgen eine neue Folge, die sich sehr stark an einer radio-typischen Magazin-Sendung orientiert: das Programm ist klassisches Infotainment mit Nachrichten, Ratgeber, Schwerpunktthema, Gewinnspiel, ein wenig Musik und natürlich auch Wetterbericht und Verkehrsdurchsage. In besonderen Fällen – wie etwa einer Pandemie – reduziert sich das Programm auch schon mal auf das Weiterleiten von Hörergrüßen zwischen Insel und deutschem Festland. Obwohl die Sendung sich inhaltlich eher an deutsche Touristen wendet, die Bornholm dauerhaft lieben, aber nur saisonal erleben, hören wir oft und gerne zu. Da es auch der Abgleich ist, ob wir alle gelesenen Neuigkeiten aus der Vorwoche richtig verstanden haben.

Der Infoteil von Radio37, findet (oder fand?) sich zudem auch im deutschsprachigen Programm eines neuen, kommerziellen Bornholmer Webradios, Bornholms Stemme – Bornholms Stimme, wieder. In bestimmten Zeitfenstern, lassen sich von dort Sendungen streamen, die in irgendeiner Verbindung zu Bornholm stehen.

Die Verbindung des Kinderbuchautors Kai Lüftner zu Bornholm ist sehr deutlich. Was ihn hier umtreibt, beschreibt er in seinem eingesprochenen Briefwechsel mit der Schauspielerin Annette Frier in Liebe Grüße, Dein Engel. Als unser ehemaliger Quasi-Kietz-Nachbar in Berlin, ist er schon ein paar Monate vor uns hergezogen und feiert dies in dem Podcast mit beneidenswerter Endgültigkeit. Der Briefwechsel ist eine sehr liebevolle, wie auch sehr persönliche Selbst- und Fremdbestätigung seiner Entscheidung.
Ein Bonmot daraus, klingt mir gerade in diesen Tagen noch immer nach:

Bornholm hat nur zwei Jahreszeiten:
Sommer und Kalt.

Kai Lüftner in „Liebe Grüße, Dein Engel“

Der Klassiker unter den Einwanderer-Blogs ist immer noch „Bornholm, my love“ der Familie Schröter. Es ist vermutlich schon eine Dekade her, dass die Familie Schroeter den Sprung über die Ostsee wagte, sich hier niederließ und darüber schrieb. Inzwischen ist der Blog vielleicht nicht mehr so aktuell gehalten, als Zeitzeugnis und Langzeitbeobachtung aber immer noch eine beliebte Quelle.