Die kleine Aussprache

Die kleine Aussprache

17. September 2019 0 Von Holm Bourne

Meine erste Begegnung mit Dänen und der dänischen Sprache hatte ich als Kind, immer wenn wir uns Sonntag Nachmittags gemeinsam die Muppet-Show angesehen haben.

Dort gab es den dänischen Koch, im Original war es ein Schwedischer, mit wild wuchernden, rötlichen Augenbrauen und Schnurrbart, der recht spezielle Feinschmecker-Rezepte zum Besten gab. Sein Wiedererkennungswert, der unsere ganze Familie prägte, war das Lied, mit dem er jede Kochrunde einleitete:

Smørebrød, Smørebrød, röm töm, töm, töm

Kein Wunder also, dass es heute noch ein großes Hallo und leichtes Schmunzeln gibt, wenn mir das Wort für Sandwich beim Einkauf oder in der Gastro begegnet.

Später kamen dann noch einige andere Wörter und Phrasen dazu, die mal länger oder kürzer im Gedächtnis blieben. Eine davon ist die zungenfertige Herausforderung, mit dem einige Dänen gern ihr sprachunkundiges Gegenüber, ob seiner lallenden Laute, in die Verzweiflung treiben:

Rødgrød med Fløde

dän.: Rote Grütze mit Sahne

Mittlerweile gehören wir nun selbst zu den Betroffenen und dieses Gefühl an der Aussprache zu verzweifeln – egal ob hören oder sprechen – ist unser täglicher Begleiter. Zuvor wurde uns immer gesagt, die dänische Sprache wäre im Prinzip wie plattdeutsch mit heißen Kartoffeln im Mund. Nur haben wir nie Plattdeutsch gelernt…

Im Selbstversuch mit Wörterbuch und phonetischer Lautschrifttabelle, hörten wir uns selbst schon wie ein echte Wikinger an. Nach einigen Trinkhörnern voll frisch gebrauten Mets.

Dabei ist die Sprache nicht mal so schwierig – zu lesen. Ein paar Vokabeln reichen schon aus, damit sich ein kurzer Text vom groben Inhalt her, ergibt. Die Ähnlichkeit zum Deutschen macht es möglich. Doch gewarnt sei vor falschen Freunden: wer konnte denn ahnen, dass das deutsche Wort für Abendessen hier Middag heißt, unser Mittagessen dann aber wiederum Frokost.

App statt Sprachkurs

Den erwarteten Sprachkurs, den das Land seinen Zuwanderern spendiert, gibt es seit ein Monaten nur noch für Flüchtlinge. Will man also nicht noch extra einen Kurs buchen, bleibt uns nur das Bildwörterbuch und die Hilfe des Smartphones und einer geeigneten App. Eine davon stammt von Google selbst und ermöglicht es sogar, dass ein Text, auf den die Kamera gerichtet wird, übersetzt auf dem Display erscheint.

Diese futuristische Funktion ist so beeindruckend wie praktisch, gerade beim Einkaufen. Zu leicht ist es schon passiert, dass das kalt anzurührende Dessert, doch aufgekocht oder den Kindern ein Glas voll Sirup hingestellt wurde. (Kurz vorm Zuckerschock, ist es uns dann doch noch aufgefallen.)

Insbesondere bei der Stellensuche, sind wir der automatischen Übersetzung sehr dankbar. Unter der Annahme, dass diese wirklich korrekt funktioniert, lernt man nicht nur wichtige Vokabeln, sondern erlebt auch ein Stück Alltagssprache. Ganz nebenbei erhält man auch Einblick in die stellenweise sehr poetischen, aber auch putzigen Formulierungen:

Wenn Sie ein Albtraum sind, werden wir Sie vielleicht vermissen

Google-Übersetzung einer dänischen Stellenanzeige für eine Nachtpflegerin

Es war sicher hilfreich, dass wir schon ein paar Wochen vor unserer Abreise mit der sogenannten post-it Methode begannen, ein paar Worte und Floskeln zu lernen. Hierbei werden die betreffenden Gegenstände mit Klebezetteln markiert auf denen das entsprechende Wort steht. Aber worauf klebt man dann die Zettel mit den Zahlen oder mit Begrüßung oder Dankesworten?

Das führte zu unserer individuellen Weiterentwicklung, der Tapete-am-Esstisch Methode: Beim gemeinsamen Abendessen eines jeden Tages, wird ein neues dänisches Wort eingeführt und die vorhandenen noch einmal wiederholt.

Mit Farben und Zahlen

Damit haben wir nicht nur die Grundlagen für ein erstes Sprachgefühl geschaffen, sondern uns selbst in die Lage versetzt, mit den Zahlen bis 10 und den vier Grundfarben, quasi fließend auf dänisch UNO zu spielen. Eine Fähigkeit, die nicht hoch genug bewertet werden kann. Immerhin perfektionieren die Kinder somit ihr souveränes Kartenspiel, da der örtliche Kindergarten immer noch auf sich warten lässt. Sollte es mit der Zuweisung noch länger dauern, werden wir ihnen zwangsläufig Poker beibringen. Das Bluffen beherrschen sie ja bereits.

Während ich also schon stolz bin, die Nachrichten im Radio vom Wetterbericht unterscheiden zu können, meldet sich das Schulkind von der Rückbank: Das eben gehörte und von mir nachgemurmelte Wort aus dem Radio ist lediglich die Jahreszahl. Und ob ich jetzt wieder die CD anmachen könnte.

Kinder sind unsere Zukunft!