Einblick ins Haushaltsbuch

Einblick ins Haushaltsbuch

30. September 2019 0 Von Holm Bourne

Der erste Monat im anderen Land liegt hinter uns, weshalb wir das Haushaltsbuch aufschlagen und mal nachrechnen.

Ein großer Aspekt der Unsicherheit unserer Auswanderung lag in der Unkalkulierbarkeit der anstehenden Kosten. Uns fehlte es schlichtweg an der Erfahrung, die allgemeinen Kosten des Lebensunterhalts in Dänemark abschätzen zu können. Was wir in den Urlauben hier mitbekommen haben, zählt da nur bedingt, da während der Ferien der ein oder andere Euro doch etwas lockerer durch die Finger rinnt und über Lebensmittel hinaus, eher noch Kosten für das kulturelle Rahmenprogramm entstehen.

Brot, Butter und Belag

Zum Einen haben wir unsere Kassenbons aus den Kaufhallen gesammelt und festgestellt, dass wir zu viert, Lebensmittel für knapp 500€ angeschafft haben. Nüchtern und rein prozentual betrachtet ist das ein ganzes Stück mehr als in Deutschland.

Relativierend müssen wir jedoch berücksichtigen, dass wir noch reichlich haltbare Lebensmittel mitgebracht haben. Oft ist so eine Reise ja die passende Gelegenheit, endlich mal die ganzen Vorräte einzupacken, an die man sich in seiner gewohnten Umgebung einfach nicht rangetraut hat. Wenn schon neue Erfahrungen in einem neuen Land, kommt es darauf auch nicht mehr an!

Andererseits haben wir für eine ganze Reihe unserer systematischen Back-Experimente erheblich mehr Zutaten als sonst angeschafft. Auch das Pausenbrot für die Schule fällt jetzt größer aus, da es in der Schule – derzeit – kein warmes Mittagessen gibt.

Als wir noch angestellt arbeiteten, kam noch das Geld für die Kantine und das junk food für unterwegs dazu. Stattdessen gibt es jetzt ein gemeinsames warmes Mittag bzw. Abendessen zu Hause. Auf diese Weise können wir uns das Ergebnis erstmal schönrechnen. Wenn dann in den nächsten Monaten auch der Garten weniger „abwirft“ und Obst wieder gekauft werden muss, sieht es vielleicht schon wieder anders aus.

Heizen …

Das Gleiche trifft wohl aufs Heizen zu. Obwohl die Temperaturen zwischendurch schon grenzwertig kühl waren, weigerte ich mich, schon im kalendarischen Sommer zu heizen.

Demo

Es war ein schlechter Tag fürs Klima – nicht nur wegen des blamablen Klimapakets der Bundesregierung, das allein schon ein guter Grund zum Auswandern wäre – als ich dann doch den Kamin befüllte und zwischendurch die elektrischen Heizkörper anschaltete. Diese sind zwar reichlich vorhanden, bringen aber bei der Größe und (nicht vorhandener) Dämmung des Hauses, eine finanzielle Kasteiung mit sich – nur um zwischendurch die dicken Pullover mal ablegen zu können.

Es war kurz nach unserer Rückkehr von der lokalen FridaysForFuture Demo in der Hauptstadt Rønne, wo wir mit ca. 20 anderen Aktivisten, die offensichtlich ihren Kindern ebenfalls einen Einblick in gelebte Protestkultur geben wollten, als wir die Heizperiode einläuteten. Beim Sammeln des Totholzes zog ich mir eine Nierenprellung zu, als ich den direktesten Weg vom Ast zum Waldboden wählte. Unter großen Schmerzen und dem Einfluss pharmazeutischer Beikost, fühlte ich die Zeit gekommen um endlich den Muckeligkeitsfaktor im Westflügel zu erhöhen.

Das hat ziemlich gut funktioniert, zumindest für die ersten zwei Meter rund um den Kamin. Ganz nebenbei parfümierten sich die Kinder mit dem Duft von Freiheit und Abenteuer, wie es nur ein Ferienlager-Lagerfeuer vermag und die beste Gattin von allen, umgab sich für den Rest des Tages mit feinsten Röstaromen.

… oder Kühlen

Doch zurück zum Monatsbudget. Ein Abgleich der Zählerstände seit dem Einzug offenbarte einen Stromverbrauch von exakt 221 kWh. Das sind gut 100 kWh mehr als wir in unserer alten Wohnung pro Monat verbraucht haben und das obwohl der größtanzunehmende vorhandene Stromverbraucher – die Kühltruhe (aber auch Wäschetrockner) – überhaupt nicht eingeschaltet wurde.

Der Kühlschrank ist jedoch von erheblicher Höhe und versprüht bereits auf Stufe eins, die energische Frostigkeit, als wäre es seine ausschließliche Aufgabe, die Beringsee in Packeis zu verwandeln. Auch seine thermischen Gegenspieler, der Ceranherd und der Backofen arbeiten elektrisch. Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass deren gemeinsamer Einsatz einen solchen Mehrverbrauch rechtfertigen sollte.

Wir werden also dranbleiben und im nächsten Monat, dann mit aktivierter Heizung, neu rechnen (müssen).

Und Neues vom alten Auto

Unverhofft ergab sich noch eine weitere Wendung. Wie schon berichtet, wurden uns kurz vorm Aufbruch nach Bornholm noch die Kennzeichen an unserem Auto gestohlen. Wir hatten daraufhin, eher proforma, noch Anzeige erstattet. Tatsächlich wurde ein Fahrzeug mit „unseren“ Kennzeichen auf der Strasse entdeckt und sogleich angehalten. Womit also eigentlich niemand mehr gerechnet hätte, die Kostenerstattung für einen Satz Kennzeichen, wird nun möglicherweise doch stattfinden.

Da verzeiht man dem alten Volvo leichter, dass er nun mit kleinen, aber wirkungsvollen Aussetzern, die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Ein Autofenster, dass sich nicht mehr schließt, schürt hier weniger die Furcht vor Diebstahl, als vor ungebetenen tierischen Gästen oder einem vollgeregneten Auto.